Hoffnung Havanna

Hoffnung Havanna 01
Joseph Berlinger: „Hoffnung Havanna” | Ein Feature über den Regensburger Kunstradfahrer Simon Oberdorfer | Lohrbär-Verlag , 2007 | ISBN 978-3-939529-02-6

Joseph Berlinger zeichnet in seinem Feature die dramatische Lebensgeschichte des Regensburgers Simon Oberdorfer nach. Eine Geschichte, die tragisch endete: Oberdorfer wurde 1943 im Vernichtunglager Sobibor von den Nazis ermordet. Dabei begann alles so euphorisch: Der Velodromgründer, Kunstradfahrer und Varieté-Direktor verpasste seinem Regensburg eine Frischzellenkur. In Oberdorfers architektonisch reizvoller Stadthalle gab es Zirkus und Tanz, Politik und Propaganda, Kunst und Kommerz, Show und Geschäft.

Das staunende Publikum erlebte Pistolenkünstler und Blitzdichter, dressierte Wölfe und die Sängerin Lona mit ihrem lichtscheuen Schimmel. Sogar indische Elefanten wurden zu einem Auftritt nach Regensburg gekarrt. Dabei wurden einem der Tiere am Bahnhof, durch einen Aufprall eines Zugwaggons beim Rangieren, beide Stoßzähne aus der Wurzel gerissen.

Entwurzelt wurde im Jahre 1939 auch Simon Oberdorfer: von den Nazis aus seiner Heimatstadt vertrieben. Es gelang ihm noch, einen Platz auf dem luxuriösen Ozeandampfer „St. Louis“ zu bekommen. Reiseziel: Kuba. An Bord waren 906 deutsche Juden. Doch im Zielhafen Havanna durften die Passagiere nicht an Land. Und auch die amerikanischen Behörden in Florida wollten die Emigranten nicht aufnehmen. Eine Odyssee begann: mit Verzweiflungstaten und Drohungen der Passagiere, sie würden Massenselbstmord begehen. Auf der Rückfahrt nach Europa plante der mutige Kapitän schon eine vorgetäuschte Havarie in Südengland, da kam die Erlaubnis für eine Landung in Antwerpen. Dort wurden die Juden auf vier Staaten verteilt: Belgien, Holland, Frankreich und England. Die Hoffnung trog.